Die Nutzer im Fokus – User Journeys als Schlüssel für sinnvolle digitale Produkte

Freitag, September 7, 2018

User Experience, User Journey, User Stories? Digitale Produkte wie Websites sind erst dann sinnvoll, wenn sie durch die User gerne genutzt werden. Dabei ist die Startseite selten der Beginn der Reise unserer Nutzer*innen. Diese kommen an unterschiedlichsten Punkten, den sogenannten Touchpoints, mit einer Organisation, Stiftung, einer Marke oder Unternehmen in Kontakt. Wer eine gut geführte User Journey haben möchte, der muss sich mit den Motivationen und Berührungspunkten der Nutzer*innen auseinandersetzen.

Die Customer Journey ist wichtig – nicht nur im Marketing, sondern auch für NGOs

Der Begriff “Customer Journey”, welcher eigentlich aus dem Marketing stammt, umschreibt die Berührungspunkte (Customer Touch Points) und Zyklen, die ein Kunde bzw. potentieller Käufer durchläuft, bevor er sich für den Kauf eines Produktes entscheidet. Im Fokus der Customer Experience wird potentiellen Käufer*innen ein positives Gesamterlebnis geschaffen, welches mit der Nutzung des Services oder seinem Produkt zusammenhängt.

Bereits beim ersten Kick-Off lernen wir die Nutzer*innen der zukünftigen Website über unsere Kund*innen kennen und erfahren von vielen Anwendungsfällen, Problemen und Optimierungswünschen. Da NGOs allerdings kein konkretes Produkt verkaufen, sprechen wir hier von User Journeys (Reise der Nutzer*innen), User Experience (Nutzungserfahrung der Nutzer*innen) bzw. Touchpoints (Berührungspunkte der Nutzer*innen mit der NGO). Mögliche Conversions sind z.B. eine Umwandlung einer interessierten zu einer spendenden Person oder eines Besuchers zu einem Abonennten. Eine Umwandlung einer interessierten zu einer spendenden Person oder eines Besuchers zu einem Abonnenten (Conversion) findet auch hier, außerhalb des klassischen E-Commerce statt.

Phase 1: Awareness – Der erste Touchpoint und das erste Bewusstsein

Beim ersten Touchpoint wird das Bewusstsein für eine NGO beim potentiellen Spender*in geweckt. Die Berührungspunkte zwischen potentieller Spender*in und Organisation kann auf unterschiedlichen Kanälen passieren. Dies können Freund*innen, Flyer, Aktionsstände, aber auch Veranstaltungen und Social Media Feeds wie Instagram, Facebook und Co sein.

Beispiel: Stefanie Spende besucht mit Freunden ein Fest zum Thema Digitalisierung. Durch einen Aktionsstand wird sie auf die Organisation Beispiel-NGO aufmerksam.

Phase 2: Consideration – Stärkung des Interesses und Beobachtung

Ist der erste Kontakt mit der NGO erfolgt, kann das Interesse für eben diese dafür gestärkt werden. Hier spielen persönliche und demografische Faktoren hinein, welche in der Persona-Definition erfasst werden. Vor allem ist dabei zu beachten, dass Menschen nicht nur aus rationalen Handlungen, sondern auch emotional getriebene Entscheidungen treffen. Deswegen erfassen wir bei der Erstellung von Personas nicht nur Ziele, sondern auch Interessen und Motivationen der Person. Auch persönliche Abneigungen, die zu einem Abbruch des Interesses führen könnten, werden als Annahme festgehalten. Die interessierte Zielgruppe wird bei späteren Touchpoints mit mehr Informationen an die Hand genommen. Alternativ recherchiert sie selbstständig auf den entsprechenden Websites/ Informationsquellen oder beobachtet die Aktivitäten der NGO durch das Abonnement eines Newsletters oder Social Media Feeds.

Beispiel: Nachdem Stefanie Spende die Eindrücke des Festes zur Digitalisierung hat sacken lassen, abonniert sie die Beispiel-NGO auf Instagram. Da Stefanie Spende gerade in der heißen Abschlussphase ihres Studiums ist, hat sie leider keine Zeit, sich aktiv innerhalb der NGO zu engagieren. Dennoch möchte sie die Ziele und Aufgaben der NGO unterstützen oder wenigstens auf dem Laufenden bleiben.

Phase 3: Intent to Donate/ Conversion – Die Spendenabsicht wird konkret oder getätigt

In dieser Phase wird die Spendenabsicht ganz konkret. Dies können verschiedene Spendenaktionen auf verschiedensten Kanälen sein. Die NGO kehrt wieder in das Bewusstsein der potentiellen Spender*innen und spricht die Motivationen und Ziele der Zielgruppe an. Ein reiblungsloser Verlauf des Spendenprozesses ist an dieser Stelle für das Abschließen einer Spende elementar. Dazu gehören nicht nur technische Anforderungen, sondern auch Vertrauen stiftende Elemente wie z.B. Trust-Icons oder eine seriöse und ansprechende Gestaltung. Auch die Texte, welche inhaltlich auf die Verwendung der Spende eingehen sollten, sollten verständlich und zielgruppengerecht formuliert sein.

Beispiel: Stefanie Spende sieht auf Instagram ein Video, welches zum Spenden im Rahmen einer Weihnachtsaktion aufruft. Sie klickt auf die Anzeige und landet auf einer Landingpage, welche ihr alle Key-Facts zur Weihnachtsaktion erklärt. Sie weiss, wozu ihr Geld verwendet wird – das und auch der Eindruck der Website geben ihr ein gutes Gefühl. Am Ende der Landingpage wird sie in den Spendenprozess geleitet, welchen sie reibungslos durchläuft.

Phase 4: Retention – Die Nutzer*innen werden weiterhin an die NGO gebunden

Nach Ablauf der Spende endet in vielen Fällen der Besuch der Website. Durch anschließende Maßnahmen oder Aktionen kann die Zielgruppe aber zukünftig wieder auf konkreten Kanälen wie Newsletter und Social Media weiterhin auf dem Laufenden gehalten werden.

Beispiel: Stefanie Spende hat mit ihrer Spende den Newsletter der Beispiel-NGO abonniert. In regelmäßigen Abständen wird sie über die neuesten Erfolge, Aktionen und Neuigkeiten informiert.

Phase 5: Advocacy – Die Nutzer*innen werden zu Multiplikatoren oder empfehlen die NGO

Wenn die User Experience positiv ausfällt ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Nutzer*innen auch positiv über die NGO oder ihre Erfahrung sprechen werden. Dies kann in Form von Mundpropaganda, eines Sharings auf Social-Media-Kanälen oder einem Blogbeitrag passieren.

Beispiel: In der Nähe von Stefanie Spende findet ein Community-Event statt. Um Freund*innen dafür zu mobilisieren, teilt sie dieses auf Facebook und in ihrer Instagram-Story.

Wie kann ich die User Journey optimieren?

Anhand einer User-Journey-Map und eines Persona-Workshops können alle Touchpoints und Bedürfnisse der Zielgruppen festgehalten werden. Jeder Touchpoint kann anschließend genauer analysiert werden, ob die Nutzergruppen optimal erreicht und abgeholt werden. Sollten Annahmen und der interne Erfahrungspool nicht ausreichen, sollten Nutzerbefragungen oder -Tests durchgeführt werden. Bei einem Perspektivwechsel in die Rolle der Nutzer*innen kann eine Agentur helfen. Der Kunde hat dagegen neben der Expertise in seiner Domäne die meisten Erfahrungen mit seinen Nutzer*innen. Die Ziele der Nutzer*innen gilt es dabei nicht mit den internen Unternehmenszielen zu verwechseln. Ein Perspektivwechsel sollte immer für die Nutzergruppen oder für die Stakeholder stattfinden. Um diesen Wechsel strukturiert vorzunehmen und die User-Journey zu optimieren, sollten Kunde und Agentur eng zusammenarbeiten.


Autorin: Victoria Kure-Wu